Blickwinkel
Wie in der letzten Kolumne beschrieben, handelt es sich beim Ukraine-Krieg um einen Stellvertreterkrieg zwischen Russland und den Vereinigten Staaten von Amerika, welcher zum Leid des Ukrainischen Volkes ausgetragen wird. Es stellt sich also primär die Frage, ob Russland oder die USA ein Interesse haben, diesen Krieg zu beenden.
Obwohl unklar scheint, was Russland mit dem Krieg tatsächlich erreichen will, ist es höchst wahrscheinlich, dass seine strategischen Ziele bisher nicht erreicht wurden. Die Gründe dafür sind vielfältig. Nicht zuletzt dürften eine veraltete russische Militärdoktrin und das Versagen der Führung dafür verantwortlich sein. Bevor die strategischen Ziele nicht erreicht sind, wird Russland kaum an einem Frieden interessiert sein. Ausserdem wird Russland Sicherheitsgarantien verlangen und politische Forderungen an den Westen stellen wollen.
Die USA haben ihr Hauptziel hingegen klar definiert. Zusammen mit Aussenminister Antony Blinken erklärte Lloyd Austin, der Verteidigungsminister der Vereinigen Staaten von Amerika, im Anschluss an deren Reise nach Kiew, am 25. April 2022 in einer Medienkonferenz in Polen folgendes: «We want to see Russia weakened to the degree that it can’t do the kinds of things that it has done in invading Ukraine» (auf Deutsch: Wir wollen, dass Russland so weit geschwächt wird, dass es die Dinge, die es beim Einmarsch in die Ukraine getan hat, nicht mehr tun kann). Ausserdem wollen wir (die USA) auch, dass Russland seine militärischen Fähigkeiten nicht mehr so schnell wieder reproduzieren kann. Wir wollen auch, dass die internationale Gemeinschaft mehr geeint ist. Das bedeutet, hier geht es nicht nur um den Ukraine-Krieg. Vielmehr geht es um das alte Ziel der Welt-Vormachtstellung der USA.
Die Nato wird im Kern durch die USA dominiert und kann deshalb keine unabhängigen Interessen haben. Welche Meinung die Europäische Union hat, spielt gar keine Rolle (Unterstaatsekretärin Viktoria Nuland: «Fuck the EU»). Amerika misstraut den Europäern. Und ein schwaches Europa ist keine Bedrohung für die amerikanische Wirtschaft.
Alles deutet jedenfalls darauf hin, dass zurzeit kein schneller Frieden in Sicht ist und das ukrainische Volk weiter leiden muss.
Giuseppe Nica
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